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Bild/Illu/Video: Milena Rominger

Reisen in Zeiten von Corona - Holland Teil 2

Texel?! Nix Texel! Ein ganzer Tag und 40Euro sind an Texel vorbeigegangen- und an uns. Wir haben verloren!


Aber von Anfang an. Morgens fuhren wir voller Tatendrang und Vorfreude auf die Nordsee und diese wohl idyllische Insel von Amsterdam weg. Endlich Ruhe, Meeresrauschen und hoffentlich einen Platz mitten in den Dünen. Das war mein Traum. War. Denn unsere geliebte Spontanität, die wir bis jetzt auf jeder unserer Reisen geschickt einzusetzen wussten, entpuppte sich hier in Holland als sehr verhängnisvoll. Das Finden der Fähre war kein Problem. Texel ist übrigens eine Insel. Eine beliebte Insel. Vor allem bei den Einheimischen, wie sich rausstellen wollte. So fuhren wir in Reih und Glied mit hunderten einheimischen Autos und Wohnmobilen gerade einmal eine halbe Stunde vom Festland hinüber. Auf der Fähre mussten wir im Wohnmobil sitzen bleiben, wegen Corona. Das habe ich so auch noch nie erlebt.


Auf Texel angekommen, steuerten wir geradewegs auf einen nahegelegenen Bauernhofcamping zu. Wir dachten, das wäre bestimmt reizvoll für unseren Sohn. Schafe, Esel, Shetland Ponys, riesiger Spielplatz mit verschiedensten Traktorgefährten zum rumfahren. Alles war da. Nur kein Stellplatz.


Der lustige Holländer vom Bauernhof fragte uns: «Wat zegt u??» (Was sagen sie?) Als wir nach einem Stellplatz fragten. Zum Glück konnte er en beetje deutsch. Müde lächelnd antwortete er: «Habt ihr vorher angerufen?»

«Nein…»

«Oh, dann könnte es schwierig werden für sie. Ganz Texel ist ausgebucht! Wir wissen nicht wieso. Die Saison ist eigentlich vorbei, aber die Einheimischen kommen in Strömen…»

Ok. Alles klar. Mein Mann und ich wollten das noch nicht ganz hinnehmen und riefen einen nach dem anderen Campingplatz an, ob denn wirklich nichts mehr frei wäre. Nein, nichts mehr frei, hier nicht, da nicht, nirgends mehr. Wenigstens hatte Sohnemann Spass an all den Traktoren und Tieren. Etwas bestürzt über diesen enormen Ansturm an Feriengästen (es ist September), kehrten wir zu unserem Wohnmobil zurück und mussten Texel wieder verlassen. Natürlich nur, weil frei stehen in Holland nicht erlaubt ist und wir Angsthasen es uns nicht getrauten. Wenigstens war das Rückfahrtsticket bereits inbegriffen und die Fähre gerade gelandet, als wir im Hafen ankamen. Innert 40 Minuten waren wir wieder auf dem Festland. Dort ging die Telefonie weiter. Nach nervenzermürbenden Minuten, dann endlich eine positive Antwort. Ein Stellplatz war noch frei.


In Sint Maartenszee. Ein Dünencamping fast am Meer. Der Platz selbst war zwar mitten im Grünen, doch nach der Schranke kam die Strasse. Ein einziger Dünenhügel trennte uns davon. Autos hörbar, aber egal, wir hatten einen Platz! Den nahmen wir gleich für drei Nächte in Beschlag und erkundigten uns sofort über den nächsten freien Platz.


Der nächste Tag zeigte sich von der regnerischen Seite. Zum Glück gabs gleich vorne um den Kreisel einen wunderbaren In- und Outdoor Freizeitpark für Kids. (De Goudvis) Das Tagesprogramm für Sohnemann war gerettet. Wir verbrachten den ganzen Tag zwischen Takeshis Castle ähnlichen Luftburgen und riesigen Gummigefängnissen, welche zahlreiche Geheimgänge beinhalteten. Hier kamen wir auch endlich einmal zu einem typisch holländischen Mittagessen: Den Bitterballen. Frittierte Bällchen, gefüllt mit Kartoffelstock und Fleisch, dazu gab's Senf.


Der Dünencampingplatz zeigte sich nach einem Spaziergang recht idyllisch. Zwischen den Dünen lagen versteckte Zelte, Spielplätze und Dusch- und Abwaschhäuschen, alles sauber und gepflegt. Dichte Hagebutten- und Sanddornbüsche säumten zahlreiche Wiesenwege mit dicken, orangefarbenen Früchten daran.


Der nächste Tag, erfüllte all meine vorangegangenen Träume über einen Urlaub an der Nordsee. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als wir endlich aufwachten. Kein Wölkchen weit und breit. Möwen flogen kreischend über das Wohnmobil, welche mich daran erinnerten, dass ich ja tatsächlich am Meer war. Wir fietsten (fuhren mit dem Rad) gleich nach dem Frühstück an den 3km entfernten Strand. Die Düne hinter uns, links und rechts nichts als meilenweiter Strand, soweit das Auge reichte. Vor uns die See und hinter uns ein Strand Café auf Stelzen. Genau so hatte ich mir die Nordsee in Holland vorgestellt. Barfuss durch den nassen Sand, Sandburgen bauen, Muscheln sammeln, spazieren. Erholung pur. Nachmittags dann dasselbe, nach einer etwas weiteren Fahrradtour. Wir entdeckten den Strand von Petten, welcher in meinen Augen noch schöner war, als der in Sint Maartenszee. Der Pettener Strand entpuppte sich als weniger überlaufen, es gab nicht viele Leute da. Wir hatten unseren Frieden.


Doch wieso wir in diesen Ferien dermassen mit Stellplätzen zu kämpfen haben, bleibt uns ein Rätsel. Die meisten Campingplatzbesitzer wissen keine Antwort darauf. Ich selber kann mir nur folgendes zusammenreimen: Aufgrund der Corona Situation sind viele Einheimische (wie auch bei uns) praktisch gezwungen, in ihrem eigenen Land Ferien zu machen. Die Hauptsaison ist vorbei. Was wir hier vor allem sehen, sind pensionierte Holländer oder Familien mit nicht schulpflichtigen Kindern. Wahrscheinlich nutzen diese jetzt die nicht Saison, um im eigenen Land umherzureisen. Anders kann ich es mir nicht erklären.

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