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Bild/Illu/Video: Christian Imhof

Der grosse Showman feierte im fabriggli Jubiläum

Es war für mich in vielerlei Hinsicht ein spezieller Abend, der vergangene Freitag. In diesem Jahr war ich noch nicht wirklich an vielen Konzerten, was einerseits an der Prioritätenverschiebung nach der Geburt von meinem Sohn, anderseits aber auch an der Coronasituation liegt. Beim Hinfahren nach Buchs hat es mich schon ein wenig nachdenklich gestimmt, wie das Impfen die Gesellschaft immer mehr spaltet. Und doch muss ich sagen, dass die Qulturschaffenden und auch die Veranstalter unsere Hilfe aktuell mehr brauchen als je zuvor. Bloss wegen dem Zertifikat einen Abend sausen zu lassen, fand ich dem fabriggli gegenüber irgendwie unfair und auch sonst spürte ich das dringende Verlangen nach Soulfood aka Livemusik. Als ich dann ankam, fühlte es sich nach dem Eintritt und dem Vorweisen des Apps auf meinem Handy fast ein wenig wie früher an. Ohne Maske vor dem Mund nahm ich Platz in der ersten Reihe gleich links neben den Eltern vom Tastenmann David Cogliatti.


Wirklich schon 50?

Langsam stiegen er und die anderen Musiker Beni Bürgin am Schlagzeug, Martin Buess an der Gitarre und André Pousaz auf die Bühne, während im Hintergrund die grossartige Nina Hagen den Act ankündigte. Dann ging es richtig los. Das tighte Zusammenspiel weckte meine Freude und machte von Anfang an klar, dass hier nicht irgendwelche daher gelaufene Amateure, sondern echte Koryphäen an ihren Instrumenten am Werk waren. Flink wie ein Wiesel huschte dann auch noch der Star des Abends auf die Bühne des fabrigglis. Mit seiner charismatischen Ausstrahlung schaffte es Michael von der Heide im Handumdrehen, die komplette Aufmerksamkeit auf sich und seine Chansons zu lenken. Die humorvolle Nummer «Oerlikon» sorgte für viel Schmunzeln und zeigte, dass dem grossen Chansonier, der schon überall in der Welt gewesen ist, eben auch die kleinen Orte und die dort stattfindenden Geschichten wichtig sind. Diese Bodenständigkeit, die sich der Sänger trotz grosser Karriere erhalten hat, kam auch in Buchs sehr gut an. Er tänzelte leichtfüssig über die Bühne, wie es sonst eher 20-Jährige tun und es schien fast ein wenig so, dass das unmaskierte Publikum ihn zu neuen Höhenflügen animierte.


Ein Hitpotpourri sondergleichen

Als er vom Grand Prix vor dreissig Jahren erzählte, erwähnte er auch, dass seine Konkurrentinnen allesamt Schlager gesungen hätten. Zum Glück hat Von der Heide sich nicht für die Schlagerwelt, sondern eher für eine Welt voller Lieder ohne Schubladendenken entschieden. Sein Eurovisionsbeitrag «Il pleut de l’or», welcher erst in bei den Zugaben gespielt wurde, die beiden Duette «Ce soir» und «Rien que des amies», die er beide alleine sang, aber auch sein Überhit «Jeudi amour» sorgten für viel Abwechslung. Mir persönlich gefielen speziell die beiden sanften Stücke «Leise» und «Le Paradis blanc», die jazzige Version von «Paris c’est toi», «Dorian» aus der Feder von Betty Legler und die fast schon rockige neue Nummer «SOS». Das Entstauben von «Eusereine chönnt das au» ist Retten und Erhaltung von Qulturgut und als er dann die Heimathymne «Hinderem Berg» anstimmte, liess dies definitiv niemanden kalt. Wahnsinn, wie viele Perlen der Musiker in den vergangenen 30 Jahren veröffentlicht hat. Er ist nicht nur ein exzellenter Showman und Songwriter, er hat auch ein feines Händchen bei der Auswahl der richtigen Nummern und ist live eine echte Macht. Er trifft nicht nur jeden Ton perfekt, er schafft es auch mit lustigen Anekdoten das Publikum aufzulockern, nimmt sich selber nicht zu ernst und würde auch als Slampoet noch eine ganz gute Figur machen. Selten habe ich es gesehen, dass die Begeisterung für die Sache derart schnell auf das Publikum übergreift und es ein Künstler schafft, dass ihm die Zuhörerschaft derart aus der Hand frisst. Was mich neben all den grossen Melodien und Geschichten aus dem Showbusiness aber fast noch mehr begeistert hat, ist der Umstand, dass er nach dem über zweistündigen Konzert, selber vorne am Stand CDs verkauft und unterschrieben hat. Für alle Gäste nahm er sich Zeit und führte ein freundliches Gespräch auf Augenhöhe. Michael von der Heide ist eben im Herzen immer noch der Junge aus Amden, der mit viel Leidenschaft für seinen Traum eingestanden ist und es auch dank seiner treuen Anhängerschaft sehr weit gebracht hat. Auf die nächsten 30 Jahre!  

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