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«Mit Liib und Seel» im Soundcheck
Bild/Illu/Video: Cover

«Mit Liib und Seel» im Soundcheck

Mit einem ziemlich kompakten Sound kommt der Opener «Dr Giit, dr Niid & dr Füü» daher. Die Mundartband Rämlers groovt ganz anständig und dank der umfangreichen Instrumentierung der Big Band gibt es immer wieder musikalische Feinheiten zum Entdecken, die überraschen und die Stimmung heben. Dass der einzig wahre Luxus die Zufriedenheit ist, dünkt mich eine schöne Message, welche die Glarner hier verbreiten.


Die Rockballade «Vermisse dich» geht mächtig unter die Haut und hätte auch im Repertoire von Polo Hofer ganz gut funktioniert. Allgemein erinnert mich die Qualität und Intensität der Rämlers hin und wieder an die legendäre Schmetterband. Man hört der Formation das jahrelange Zusammenspiel definitiv an und wer nach bald vierzig Jahren immer noch gemeinsam diese Leidenschaft ausleben kann, scheint etwas ziemlich richtig gemacht zu haben.


«Ännet em Jordan» hat einen volkstümlichen Charakter, rutscht aber nie ins Kitschige ab. Immer wieder spannend, wie verbunden sich die Glarner mit ihren Wurzeln zeigen und welche schönen Alltagsmärchen der «Zigerschlitz» immer wieder schreibt.


«Chum zu mir» ist ein richtiger Aufsteller an einem düsteren Tag. Die Hymne macht nicht nur Mut, sondern ermahnt zugleich zu mehr Dankbarkeit. Oft sieht es nach Dunkelheit aus, aber für Schatten braucht es immer auch Sonne. Spannend, dass hier neben dem Hauptsänger auch die weibliche Stimme der Band mal zum Zug kommt und dem Stück eine zusätzliche Tiefe verleiht.  

«Chäs und Brot» ist ein regelrechte Partynummer, welche die Leichtigkeit des Lebens zelebriert und dazu animiert sich auch mal was zu gönnen. Ein Song zum Entschleunigen und Geniessen, der immer wieder mal ganz gut passt.


Mit «Chlüntel» haben die Rämlers eine Art eigenen «Louenensee» erschaffen. Der Song geht ziemlich ans Herz und macht Lust in diesem Sommer ohne Festivals eine Reise ins Glarnerland zu unternehmen. Das Saxophon erinnert mich ein wenig an Patent Ochsner und allerspätestens beim Solo des Instruments hatten sie mich endgültig im Sack. Wunderschön!  


«Mir isch es gliich» ist eine durchaus sozialkritische Nummer, welche die schnelllebige Zeit auseinandernimmt und ein Statement gegen den Alltagsstress setzt. Gelungen.


«Glarnerländli» ist wieder eine Ode an die Heimat, welches fast schon wie ein Traditional klingt. Von den Rämlers mochte ich immer sehr das Lied «Dr Glarner Säntepuur». Die beiden neuen Heimat-Lieder auf dem aktuellen Album können da sehr gut mithalten und sind Balsam für alle Heimwehgeplagten.

«Wurschtsalaat» ist eine ziemlich humorvolle Nummer, die sofort in die Beine fährt und Schwung in jedes Fest bringen könnte. Die Musikeinflüsse aus der Ferne lassen Ferienstimmung aufkommen und die Grossformation zeigt, wie simpel hin und wieder ein Hit aus dem Ärmel geschüttelt werden kann.


«Tangge & Tschüss» ist eine optimale Abschlussnummer für jedes Konzert. Spannend, was alles passiert, wenn der letzte Vorhang gefallen ist und die Leere langsam einsetzt. Der Protagonist dieser Geschichte schafft es aber federleicht, das grosse Loch zu umschiffen und dankbar zurückzublicken.

Schlussfazit:
«Mit Liib und Seel» von der Band Rämlers porträtiert eine Welt in der noch aufeinander geschaut wird und alles irgendwie in Ordnung zu sein scheint. Humorvoll erzählen die 16 Glarner, wie ihr Alltag aussieht und wo es denn auf der Welt am schönsten ist. Es ist eine Freude ihnen dabei zuzuhören, denn ihre Begeisterung für ihre Heimat oder die gemeinsame Leidenschaft Musik springt sofort auf die Zuhörerschaft über. Die Band ist stilvoll gealtert und fahren noch immer mit einem immensen Druck nach vorne auf, der begeistert. Mit diesem Album haben die Glarner gezeigt, dass sie den Begriff Kultband nicht nur wegen ihrer Langlebigkeit besitzen, sondern weil sie sich ihn über Jahre hinweg fleissig erspielt haben. Grosses Kino!

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