Volles Haus beim «Eden now»-Heimspiel
Nach der kurzen Begrüssung ging es endlich los und die Geschichte nahm langsam Form
an. Der verstorbene Pater Ingo hinterlässt dem gestressten Businessmann und
Gambler Damian Winterhalter einen alten Koffer mit geheimnisvollem Inhalt. Doch
der verpasst es, wegen einer Grippe diesen abzuholen. Das Haus ist schon
geräumt, als er endlich wieder gesund ist und ihn abholen will. Es beginnt eine
grosse Suche nach dem Nachlass, in dem gezeigt wird, dass Damian nicht nur mit
seinem Leben nicht wirklich im Reinen ist, sondern auch noch unter seiner
Spielsucht und den damit einhergehenden Schulden zu kämpfen hat. Währenddessen
steckt der gelernte Orgelbauer Simon Schmid in der Krise, da er keine Arbeit
findet und deshalb auch jeden noch so miesen Job annimmt. Doch sein Leben,
welches er zumeist nur mit seiner Katze «Hans» verbringt, wird ziemlich auf den
Kopf gestellt, als er bei einer Hausräumung einspringt und den Koffer inklusive
wertvollem «Buch der Weisheit» findet.
Wie das Leben so spielt
Ein paar Sequenzen später sitzt Simon am Bahnhof und trifft dort die
Mitarbeiterin von Damian und Neoanwältin Tina Gottschall, den Globetrotter und Brunnenbauer
Urs Neuenschwander, die Mutter Angela Frei mit ihrem Baby Lia sowie der an Bauchspeicheldrüsenkrebs
erkrankte Fensterbauer Andreas Bauer. Gemeinsam mit ihnen gründet der
lockenköpfige Simon eine Selbsthilfegruppe, bei welcher alle erzählen können,
wie es ihnen geht, wo ihre Ängste zuhause sind und vieles mehr. Relativ schnell
wird dabei klar, dass es den Protagonisten sehr gut tut, gemeinsam Zeit zu
verbringen und in das Buch der Weisheit zu blicken. Jedes Mal, wenn nämlich
dieses geöffnet wird, läuft ein Film im Hintergrund. Als Höhepunkt der ganzen
Geschichte steht ein gemeinsames Konzert auf dem Plan, an dem Geld für ein Brunnenbauprojekt
in Kenia gesammelt wird. Doch dann wird es plötzlich sehr düster, denn Andreas erliegt
seinem Krebsleiden.
Exzellente Schreibarbeit
Das Stück «Eden now» ist ein multimediales Musical, das man in dieser Art nicht
sehr häufig erleben kann in der Region. Die Interaktionen der Figuren fühlen
sich an, wie direkt aus dem Leben gegriffen. Maya Heusser hat es geschafft, dass
sich jede Person im Publikum zumindest mit einer der Protagonisten identifizieren
kann. Die Figur Tina Gottschall zeichnete beispielsweise eine Person, die im
Beruf immer klein gehalten wird und unter ihrem Vorgesetzten leidet. Angela
Frei porträtiert eine frischgebackene Mutter, die mit den Schlafgewohnheiten
ihres Säuglings Lia mehr schlecht als recht klarkommt. Simon Schmid ist ein wenig
ein Träumer, der es aber mit seinen Mitmenschen nur gut meint. Urs
Neuenschwander ist nach zwanzig Jahren in Kenia ein wenig verloren in der
schnell lebigen, modernen Schweiz. Falls all diese Personen noch nicht genug
Projektionsfläche geboten haben, ist da noch Andreas Bauer, der wegen dem Krebs
mit der Urangst vor dem Tod zu kämpfen hat, aber herzlich und sehr feinfühlig
von seinen neuen Freundinnen und Freunden unterstützt wird. Trotz aller
Widrigkeiten, die das Leben hin und wieder für einen bereit hält, vermittelte
die Geschichte einen wichtigen Punkt: Zusammen geht es besser als alleine. Es
gibt immer Hoffnung, wenn man aufeinander schaut, anstatt egoistisch die
eigenen Ziele zu verfolgen. Auch sonst ist «Eden now» nicht ein Musical im
klassischen Sinn. Glücklicherweise wurde auf das unnatürliche und künstliche
Singen von Dialogen verzichtet, was die Kunstform sogar öffnet für Zuschauer:innen,
die sonst nicht viel mit Musicals am Hut haben.
Ein bisschen «Eden» für jeden
Neben dieser guten Schreibarbeit, welche von den Protagonisten authentisch
umgesetzt wurde, gilt es neben den hochwertig produzierten Filmeinspielern vor
allem noch die Band hervorzuheben. Ihre musikalische Untermalung des Spektakels
setzte dem Ganzen die Krone auf und schaffte es in hochemotionalen Momenten das
Ganze zu intensivieren. Das mit zweieinhalb Stunden Spieldauer abendfüllende
Musical ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle und vermittelt den Glauben auf
eine moderne Art und Weise. Es wurde bei der Geschichte viel mehr auf das
christliche Miteinander als auf Bibeltreue gesetzt, weshalb es wohl auch bei
einem so bunt gemischten Publikum Anklang fand. Das Stück «Eden now» ist mitten
aus dem Leben gegriffen, authentisch und ein Multimediaerlebnis für Jung und Alt,
das noch lange nachhallt und einem Hoffnung schenkt. Die nächsten Gelegenheiten
das Stück zu erleben, bieten sich am 11. und 12. Februar in der Markthalle
Sargans. Tickets und weitere Informationen gibt es unter www.buehnenreif.ch/edennow.
Die Besetzung
Christian Hunziker, vom Theater Bruderboot spielt Damian Winterhalter (Anwalt)
Beni Hunziker, vom Theater Bruderboot, spielt Urs Neuenschwander (Kenia)
Leah Lisa Leuenberger spielt Angela Frei (Mutter)
Anja Felder spielt Tina Gottschall (Anwältin)
Nathanaël Mägli spielt Andreas Bauer (Fensterbaufirma und Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs)